Moderne Auslesetechnik in der
Oldendorfer Mühle
- Mit dem CCD - Chip gegen das Mutterkorn -
von Heinz Thiemann

Mutterkorn - Ausleseprodukt aus der Reinigungsanlage der Oldendorfer Mühle

Überlieferungen aus dem Mittelalter berichten von seuchenhaften Sterben vieler Menschen nach einer Krankheit, die Heiliges Feuer, Antoniusfeuer, Höllenfeuer, Krampfseuche, Kribbelkrankheit, Brandseuche u.a. genannt wurde. Erst 1853 wurde die Ursache erkannt - der Pilz claviceps purpurea, das Mutterkorn - ein giftiger Pilzbefall, der vor allem bei Roggenkorn vorkommt. Noch 1880 wurde von einer Massenvergiftung mit 500 Opfern berichtet und im Jahre 1951 trat in Frankreich eine lokale Epidemie auf mit zweihundert schweren Erkrankungen und vier Todesfällen. Müller und Bäcker hatten das Mutterkorn erkannt, doch trotzdem wurde Brot damit gebacken. -  Bestandteile des Mutterkorns haben andererseits jedoch  auch eine pharmazeutische Bedeutung. So wird es z.B. schon seit altersher bei der Geburtshilfe und in jüngerer Zeit zur Migränebekämpfung eingesetzt - Für den Menschen wirkt ein Mutterkornbesatz von 1 % im Mehl toxisch und 8 % lebensgefährlich. Nach deutschen und europäischen Lebensmittelgesetzen darf der Mutterkornbesatz in Speisegetreide 0,05 % nicht überschreiten. Ein Wert, der nur mit aufwändiger Reinigungstechnik erreicht werden kann. - Als 1994 ein ungewöhnlich hoher Mutterkornbefall der Roggenernte registriert wurde, waren die wirtschaftlichen und technischen Grenzen der traditionellen mechanischen Reinigung schnell erreicht. Ganze Getreidelieferungen mußten zurückgewiesen werden, bis zu 30% Reinigungsabfälle , die als Sondermüll entsorgt werden mußten, waren nicht außergewöhnlich. Im gleichen Jahr entschloß sich Andreas Engel, Müllermeister und Besitzer der auf Roggenprodukte spezialisierten Wassermühle Oldendorf/Luhe zuzr Anschaffung eines optoelektronischen Sortiergerätes. Die Oldendorfer Mühle war damit wohl der erste traditionelle Mühlenbetrieb in Deutschland, der sich dieser modernen Auslesetechnik zur Getreidereinigung bediente.

Arbeitsweise des Systems
Die optoelektronische Sortierung basiert auf dem Reflektionsmessungs-Prinzip von Produktoberflächen und besteht aus vier Grundkomponenten:
Das Speisesystem steuert die Leistung und ordnet das Getreide in einzeln nebeneinander liegenden Körnern, z.B. mittels einer Vibrationsrinne, zu einem fallenden Kornschleier, der dem Inspektionssystem präsentiert wird. Dieses besteht aus einer Lichtschleuse und einer CCD-Hochgeschwindigkeitskamera. Die CCD - Kamera erfasst den beleuchteten Kornschleier und erkennt durch Messung der Oberflächenreflektionen vor einem Hintergrund helle Körner = gutes Produkt und dunkle Körner = schlechtes Produkt. Die Signale werden der Signalverarbeitung zugeleitet, die diese auswertet und das Ergebnis als Steuerbefehl an das Trennsystem gibt. Hier erfolgt dann die mechanische Trennung zwischen guten und schlechtem Korn mittels einer Batterie kleiner, dicht nebeneinander angeordneter schneller Druckluftdüsen, die mit einem kurzen Luftstoss das schlechte Korn aus seiner Fallrichtung soweit ablenken, dass es in einen separaten Auffangbehälter fällt.
Die Durchsatzleistung der Anlage liegt bei 80 Kg/h bis 10 t/h

(Quelle: Die Mühle + Mischfutter - 135.Jg.Heft 15)
 

Bilddokumentation

Der KleiekotzerEin Magazin des Mühlenförderverein Lüneburg e.V.