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Im heutigen Freistaat Thüringen existierten einst mehr als 2.800 Wassermühlen und über 400 Windmühlen. Hierbei gab es unter anderem Getreide- und Sägemühlen, Senf- und Gewürzmühlen, Papier- und Pulvermühle, ebenso wie Walkmühlen, mit denen Leder geschmeidig gemacht wurde. Im Laufe der Zeit verdrängte die moderne Technik immer mehr Mühlen, die nach und nach immer mehr aus dem Landschaftsbild verschwanden. So haben sich in Thüringen heute nur noch gut 70 Mühlen erhalten, deren Mahlräder zum überwiegenden Teil nur noch für Besucher in Gang gesetzt werden. Eine von ihnen ist die hölzerne Bockwindmühle aus dem Jahre 1840 in Tüngeda in der Nähe von Bad Langensalza, einer kleiner Ortschaft, die früher – in Zeiten der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) – zum Kreis Bad Langensalza (Bezirk Erfurt) gehörte und heute (seit 1. Juli 2001) als Ortsteil von Behringen im Wartburgkreis liegt. Um den Erhalt und die Pflege dieser Mühle, die für Besucher nach Anmeldung offen steht, kümmert sich der im Mai 1995 gegründete Heimatverein „Bockwindmühle Tüngeda“, der jeweils zu Pfingsten am Deutschen Mühlentag mit seinen Gästen zu einem wechselnden Themenschwerpunkt teilnimmt.
Nur wenige Kilometer vom Standort der Mühle entfernt wurde in Wangenheim / Hochheim und Wiegleben in den Jahren von 1999 bis 2001 der größte Windpark Thüringens mit 26 Windenergie-Anlagen errichtet. Würde man die knapp 17 Meter hohe Kornmühle zur Erzeugung von elektrischer Energie nutzen, könnte man damit neun Familien versorgen. Demgegenüber liefern die „weißen Riesen“ – jeder ist rund 100 Meter hoch – jeweils Strom für 900 Familien, in der Summe also Energie für rund 23.000 Haushalte.
Harald und Werner Rockstuhl haben der Bockwindmühle Tüngeda sowie den Windparks Wangenheim / Hochheim und Wiegleben ein lesenswertes Buch gewidmet, das nach 1990 und (ergänzt) 1995 seit 2001 in überarbeiteter und wesentlich ergänzter Auflage vorliegt. Mit ihm möchten sie – laut ihrem Vorwort – ihre Leserschaft dazu einladen, die Anlagen zu besuchen und in deren Geschichte und Gegenwart „zu wandeln“. Dabei hat nach Angaben der Autoren die Gemeinde Tüngeda und ihr unmittelbares Umland etwas ganz Besonderes zu bieten, nämlich eine über 500-jährige Geschichte von Mühlen, Windmühlen und der Nutzung der Windenergie. So sei bereits im Mittelalter in Tüngeda „Waid“ oder „Deutsches Indigo“ angebaut worden, eine zum Blaufärben benutzte Pflanzengattung aus der Familie der Kreuzblütengewächse. Zu sehen gibt es demnach auf dem Tüngedaer Anger ein original Waidmühlenstein und am Ortsrand findet sich der einzige in Thüringen noch erhaltenen Waidmühlenteich, in den hinein der Waid bis ins 18. Jahrhundert bearbeitet und verkübelt wurde.
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