Die alte Dorfmühle zu Bierfeld
Eine Rezension von Hubert Kolling
( Fortsetzung )

Damit gab sich der neue Mühlenbesitzer aber noch nicht zufrieden. Vielmehr wollte er nun auch wissen, auf was für ein Gebäude er sich da eingelassen hatte, und beauftragte deshalb den im Saarland weithin bekannten Historiker und Publizisten Johannes Naumann damit, die Geschichte seiner Mühle zu erforschen. Herausgekommen ist dabei ein stattliches Buch, das sich sehen lassen kann und für alle Geschichtsinteressierten der Region eine echte Neuheit darstellt. Der Grund dafür liegt darin, dass der Autor sich in seiner soliden Darstellung keineswegs nur auf die Dorf- und Familiengeschichte beschränkt, sondern der Beschreibung des konkretren Projekts eine allgemeine, kulturhistorische Betrachtung des Mühlenwesens in der Saar-Mosel-Region vorangestellt hat, wobei er auch den Ursprung dieser frühen technischen Wunderwerke bis in die Antike beleuchtet. Wie er hierbei zeigt, hatten die Mühlen über Jahrhunderte hinweg eine besondere Stellung, bei der bis Detail hinein Betrieb, Bau, Unterhalt und diverse andere Rechte geregelt waren. Neben dem Grundherren wollten auch die sich im Spätmittelalter und Frühen Neuzeit etablierenden Landesherren an den Mühlen – etwa durch das Eichen von Maßen – mitverdienen. Eine wahre Flut von Verordnungen brachte dann das 18. Jahrhundert mit sich. Die Französische Revolution und die in ihrer Folge eingeführte Gewerbefreiheit änderten dann die Situation grundlegend.

Gestützt auf seine umfangreichen Recherchen im Landeshauptarchiv Koblenz, im Landesarchiv Saarbrücken und im Bistumsarchiv Trier sowie die Auswertung aktueller und zeitgenössischer Literatur beschreibt Johannes Naumann detailliert und ansprechend die Geschichte der Alten Mühle in Bierfeld von ihren Anfängen im 16. Jahrhundert, über ihre Zerstörung im 17. Jahrhundert und ihren Wiederaufbau im 18. Jahrhundert bis zur Gegenwart, wobei er auch die besonderen Umstände in der Gemeinde Bierfeld schildert, die als Teil des Kurfürstentums Trier und später des Französischen Kaiserreiches sowie der Preußischen Rheinprovinz das wechselvolle Schicksal der Hochwaldregion teilte. Ein eigenes Kapitel, das aus der Feder von Robert Gard stammt, widmet sich schließlich dem Wiederaufbau der Mühle in den 1990er Jahren, wobei wichtige Schritte und Ergebnisse der Renovierung auch mit zahlreichen Abbildungen dokumentiert werden.

Der Rezensent, der sich seit Jahren für Mühlen begeistert und im Jahre 2002 eine Monographie über die Geschichte der sieben Mühlen in der oberfränkischen Kleinstadt Bad Staffelstein veröffentlichte, hat das mit einer großen Zahl von Graphiken, Urkunden, Landkarten und historischen Fotos anspruchsvoll und sehr abwechslungsreich gestaltete Werk gerne zur Hand genommen und mit Freude gelesen. Anzumerken bleibt, dass das Buch in seiner gesamten Darstellung keineswegs verklärend oder romantisierend ist. Dies zeigt bereits ein Blick ins Vorwort des Verfassers, in dem er mit Blick auf den demografischen Wandel innerhalb der Dörfer und die Auswirkungen der Globalisierung treffend schreibt: „Neben der Reaktivierung der Wasserkraft ist es die Sinngebung durch Wohn-, Seminar- und Praxisbereich, die den Erhalt beziehungsweise die befundnahe Wiederherstellung der historischen Bausubstanz ermöglicht hat.“

Eines ist klar – ohne ein tragfähiges Nutzungskonzept ist der Erhalt beziehungsweise die Restaurierung von historischen Gebäuden (nicht nur von Mühlen) für die Besitzer meistens eine schwere (finanzielle) Last. So gesehen handelt es sich bei der Alten Dorfmühle von Bierfeld um einen besonderen Glücksfall, dem möglichst viele weitere Nachfolger zu wünschen sind.

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Der KleiekotzerEin Magazin des Mühlenförderverein Lüneburg e.V.